Apotheken „sterben“

01.11.2024

Apotheken-Versorgung in Munster – heute und in Zukunft

Am Dienstag, den 29. Oktober 2024, fand im Sportlerheim der Eintracht Munster in Breloh die Informations-Veranstaltung mit dem Titel „Apothekenversorgung in Munster – heute und in Zukunft“ statt.
Beate Spieker, Sprecherin unseres Ortsverbands, eröffnete den Abend und begrüßte die zahlreichen Gäste, darunter die Apothekerin Frau Schwemin, Inhaberin der Mühlen-Apotheke und Dr. Alexander Zörner, Inhaber der Sonnen-Apotheke.

Herausforderungen der Apotheken-Versorgung im ländlichen Raum

Christiane Schwemin, Mühlen-Apotheke

Dr. Alexander Zörner, Sonnen-Apotheke

Dr. Zörner begann den Vortrag mit einem Überblick über die allgemeine Situation der Apotheken in Deutschland und insbesondere in Niedersachsen, wo in den letzten 15 Jahren bereits 426 Apotheken schließen mussten.
Die Überschrift seiner Präsentation – Apotheken „sterben“ – war angesichts dieser Entwicklung leider zutreffend. Er beschrieb die vielen Herausforderungen, mit denen die Apotheken in ländlichen Regionen wie Munster konfrontiert sind: Fachkräftemangel, steigende Betriebskosten und der zunehmende Wettbewerb durch den Online-Versandhandel belasten die lokalen Apotheken erheblich.
Hinzu kommen politische Reformpläne, veraltete Verträge und Vergütungsmodelle mit den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sowie laufende juristische Auseinandersetzungen, bei denen Apotheken Spielbälle sind, die das Problem weiter verschärfen.

Ein besonders umstrittenes Reformvorhaben, das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angestoßen hat, ist die Einführung der sogenannten „Apotheke Light“.
Diese Reform würde es ermöglichen, dass Apotheken auch von Pharmazeutisch-technischen Assistent*innen (PTA) betrieben werden können, wobei Apotheker*innen nur noch digital zugeschaltet wären. Frau Schwemin und Dr. Zörner äußerten sich äußerst kritisch zu dieser Idee und warnten davor, dass sie die Qualität der Beratung und die Versorgungssicherheit gefährden würde.
Der starke Gegenwind im Kabinett und von Seiten der Apothekerinnen und Apotheker hat Herrn Lauterbach zuletzt jedoch deutlich gezeigt, dass er seine Reformpläne in ihrer aktuellen Form nicht umsetzen kann.

Politische Unterstützung
für lokale Apotheken notwendig

In seinem Vortrag erläuterte Dr. Zörner außerdem die enge Verflechtung zwischen Apotheken und den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Er betonte, dass die Apotheken auf eine stärkere politische Unterstützung angewiesen sind, um langfristig bestehen zu können.
Trotz eines kürzlichen Gesprächs (hier geht’s zum Beitrag von Dr. Zörner in Walsrode) mit Gesundheitsminister Lauterbach, zeigte sich Dr. Zörner enttäuscht über dessen Haltung, da Lauterbach u.a. äußerte, er wolle kein zusätzliches Geld in ein System stecken, das in seiner derzeitigen Form unrentabel sei.

Historischer Einschub

Während die ersten Arzneimischungen bereits um 4000 v. Chr. entstanden, spezialisierten sich Apotheken im 8. Jahrhundert in Bagdad und kamen im 13. Jahrhundert nach Europa. Die systematische Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) begann dann im 19. Jahrhundert unter Reichskanzler Otto von Bismarck.
Die GKV, die 1883 eingeführt wurde, schuf eine verbindliche Krankenversorgung für Arbeiter und bestimmte Berufsgruppen, wodurch erstmals eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsanbietern und Krankenversicherungen entstand.
Apotheken spielten eine zentrale Rolle, da sie für die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln zuständig waren.

Appelle an die Bürger*innen und Ausblick

Zum Abschluss der Veranstaltung betonten beide die Bedeutung lokaler Unterstützung für die Apotheken.
Dr. Zörner appellierte an die Bürger*innen, sich aktiv für den Erhalt der Apotheken vor Ort einzusetzen, um auch in Zukunft eine kompetente Beratung und sichere Medikamentenversorgung in der Nähe zu haben. Schließlich drohen Apotheken im ländlichen Raum, ähnliche Schicksale zu erleiden wie bereits Buchhandlungen, Bank-, Postfilialen u.s.w.

Diese Veranstaltung bot nicht nur tiefergehende Einblicke in die aktuelle Apothekensituation, sondern verdeutlichte auch, wie wichtig ein starkes lokales Engagement für die Zukunft der medizinischen Versorgung ist. Am Ende konnten Fragen gestellt werden und es wurden noch interessante Gespräche geführt.

Der Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen in Munster bedankt sich bei Frau Schwemin und Herrn Dr. Zörner für diesen aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen einer Apotheke und hofft, dass die Bürger*innen vor Ort sowie die gesetzlichen Krankenversicherungen und die Politik die zentrale Rolle der Apotheken wieder stärker in den Fokus nehmen und gezielt handeln, um ihren Fortbestand zu sichern.

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